KI generierstes Bild
Bewertungen sind das Rückgrat der digitalen Spielekultur. Ob auf Steam, in App-Stores oder auf Gaming-Portalen: Spieler verlassen sich auf die Eindrücke anderer, um Kaufentscheidungen zu treffen oder Zeit in neue Titel zu investieren. Doch seit 2024 und verstärkt im Jahr 2025 mischen sich unter die klassischen Reviews zunehmend Texte, die nicht von Menschen stammen, sondern von Künstlicher Intelligenz. ChatGPT & Co. können tausende Stimmen bündeln, zusammenfassen oder sogar eigenständig Berichte verfassen. Das klingt nach Effizienz – doch kann KI die Tiefe und Authentizität echter Meinungen wirklich ersetzen, oder droht eine Verwässerung der Bewertungskultur?
Zwischen Trend und Misstrauen
Ein Blick auf die Plattform Steam zeigt, wie schnell KI-basiertes Schreiben Fuß gefasst hat. Studien haben aufgezeigt, dass immer mehr Bewertungen mit maschineller Unterstützung erstellt werden. Originality.AI schätzt den Anteil von KI-generierten Texten auf Steam auf rund 11 % – ein deutlicher Anstieg. Auffällig ist dabei, dass bestimmte Genres wie Adventure und Action-RPG stärker betroffen sind, während etwa Nischenspiele oder Simulationen bisher weniger betroffen scheinen.
Einige Fälle sorgten für Unmut: Manche Konten veröffentlichten hunderte fast identische Reviews, die sich durch generische Formulierungen, fehlende persönliche Details und gleichbleibenden Sprachstil auszeichnen. Für geübte Leser ist erkennbar, dass hier keine authentische Spielerfahrung, sondern ein automatisiertes System am Werk war – an und für sich scheint das zwar nicht bedenklich, doch wenn es um das teilen von Eindrücken und Spielgefühl geht, ist KI generierter Inhalt eben nicht gleichwertig zu einer Beschreibung des individuell empfundenen Spielerlebnisses.
Steam selbst verfügt zwar über Moderationsrichtlinien für Spam oder Manipulation, hat jedoch bislang keine spezifischen Vorgaben zum Umgang mit KI-Reviews eingeführt. Das lässt Spielermit Unsicherheit zurück: Ist eine Bewertung echt oder nur synthetisch?
Schnell, praktisch – aber manchmal oberflächlich
Gamepressure hat 2024 ein Feature eingeführt, das Steam-Bewertungen automatisch analysiert und zu kurzen Stärken-Schwächen-Profilen bündelt. Für Vielspieler ist das praktisch: Anstatt tausende Kommentare zu durchforsten, reicht ein Blick auf die KI-Zusammenfassung, um den Tenor der Community zu erfassen.
Ähnlich arbeitet das unabhängige Tool SteamSummarize.com, das mit GPT-4 arbeitet. Nutzer geben einen Spieletitel ein und erhalten eine maschinell erstellte Kurzübersicht zu den wichtigsten Pro- und Contra-Punkten. Auch Entwickler setzen auf Analyse-Software, etwa über Plattformen wie RelevanceAI, die gezielt thematische Cluster bilden – zum Beispiel „Technische Probleme“, „Balancing“ oder „Storytelling“. Damit lassen sich Feedback-Muster erkennen, die in der Flut von Einzelmeinungen leicht untergehen würden.
Doch trotz dieses Nutzens bleibt ein Problem: KI liefert den „Durchschnitt“, aber selten die Extreme. Erfahrungsberichte, die ein Spiel besonders loben oder stark kritisieren, werden geglättet. Die Nuancen, die für Kaufentscheidungen entscheidend sein können, gehen verloren. Auch in Nischen wie dem iGaming wird deshalb immer noch auf von Menschen erstellte Bewertungen gesetzt, um herauszufinden, welche Anbieter am besten abgeschnitten haben.
Authentizität bleibt menschlich
Spiele sind mehr als Datenpunkte. Sie leben von Atmosphäre, Emotion und Erlebnissen, die individuell wahrgenommen werden. Ob der Soundtrack von Final Fantasy Gänsehaut erzeugt, ob ein Jump’n’Run das gleiche „Flow“-Gefühl wie Klassiker der 90er bringt oder ob eine VR-Erfahrung wirklich immersiv wirkt – all das lässt sich nicht in neutralen Sätzen abbilden.
Genau hier stoßen KI-Systeme an Grenzen. Sie können beschreiben, dass viele Nutzer „Immersion“ oder „Atmosphäre“ erwähnen, doch sie können nicht selbst empfinden. Diese fehlende Authentizität macht menschliche Stimmen unverzichtbar. Spieler wollen lesen, wie jemand persönlich einen Bosskampf erlebt hat, welche Emotion ein Story-Twist ausgelöst hat oder warum ein bestimmtes Gameplay-Feature Frust statt Spaß erzeugt – dieses Teilen der Erfahrungen miteinander ist schließlich auch Teil davon, was das Community Gefühl überhaupt erst ausmacht.
Diskussionen auf Reddit oder in Steam-Foren verdeutlichen diesen Wunsch: Viele Nutzer lehnen KI-Zusammenfassungen nicht grundsätzlich ab, betrachten sie aber als „Beilage“ – nicht als Ersatz. Für die Community zählen Transparenz, Leidenschaft und Individualität.
Kombi statt Konkurrenz
Die Frage ist daher nicht, ob KI menschliche Reviews ersetzt, sondern wie beide sinnvoll kombiniert werden können. Im Idealfall fungiert KI als Filter: Sie analysiert tausende Meinungen, hebt häufige Trends hervor und macht Probleme sichtbar, die viele Spieler teilen. So können Interessierte schnell sehen, ob etwa „Server-Lags“ ein verbreitetes Problem sind oder ob Pay2Win-Mechaniken als störend empfunden werden.
Ein hybrides Modell könnte so aussehen: KI-Zusammenfassungen liefern den Überblick, menschliche Reviews die Tiefe. KI ist längst Teil der Bewertungskultur im Gaming. Ihre Stärken liegen in Effizienz und Datenanalyse, ihre Schwächen im fehlenden menschlichen Erleben. Für Gamer bedeutet das: KI kann ein hilfreiches Werkzeug sein – aber keine Ersatzstimme. Wer wissen will, ob ein Spiel wirklich Spaß macht, braucht nach wie vor authentische Erfahrungsberichte.